#mahe, flüchtlinge, vorurteile, storytelling

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Storytelling halte ich für eines der nützlichsten Werkzeuge, wenn es darum geht, Zusammenhänge – digital – zu vermitteln oder, ganz einfach, die Geschichten von Menschen zu hören, denen man im Alltag vielleicht nicht begegnet, die sonst nicht zu Wort kommen oder denen schlicht – wegen ihrer Position am Rande der Gesellschaft, an den sie gedrängt wurden – nicht zugehört wird.

In den letzten Wochen, als die Einrichtung des Flüchtlingsheims in Hellersdorf diskutiert und am Montag schließlich bezogen wurde, aber auch in anderen deutschen Städten, wurden immer wieder Vorurteile gegenüber Asylbewerbern geäußert (Eine sehr erschreckende Sammlung dazu gibt’s beim kmfw, ist aber weder auf vollen noch auf nüchternen Magen empfehlenswert).
Dass es sich hier um Menschen völlig unterschiedlicher Herkunft, mit völlig unterschiedlichen Geschichten handelt, die man keiner gemeinsamen Gruppe zuordnen kann (außer der, die sich nach ihrem derzeitigen Aufenthaltsstatus definiert), bleibt dabei vollkommen außen vor. Jeder Einzelne, jede Familie hat eine eigene Geschichte zu erzählen. Diese Verachtung und blinde Wut gegenüber Menschen, denen man gar nicht erst zuhören möchte, noch nie gesehen hat, ist unbegreiflich. Zum Teil sind da Flüchtlinge, die gerade erst aus Syrien angekommen sind. Erst gestern sind neue Berichte zum Einsatz von Giftgasen bekannt geworden, bei dem hunderte Menschen ihr Leben verloren haben.
Einige Medien, auch öffentlich-rechtliche Kanäle, haben in den letzten Tagen dazu beigetragen, mit diesen Mythen aufzuräumen und inzwischen sind auch endlich auch einige der betroffenen Flüchtlinge selbst zu Wort gekommen.

Filmaufnahmen sind oft unmittelbarer, direkter und manchmal vielleicht ein wenig greifbarer, weil man die Stimme der Person hören, seine Mimik und Gestik beobachten kann.

Über das Flüchtlingscamp am Oranienplatz berichten Oculus Film:

Flüchtlingscamp auf dem Berliner Oranienplatz from oculus film on Vimeo.

Kübra Gümüsay, die zuletzt auch für die taz, Zeit und den Freitag arbeitete, hat vor kurzem einen TEDTalk zum Thema Geschichten gehalten:

Auch Chimamanda Ngozi Adichie hat vor einiger Zeit einen TED Talk zum Thema gehalten und darüber gesprochen, wie sich Stereotype verfestigen, wenn Geschichten nicht gleichberechtigt von allen erzählt werden, sondern eine dominante Gruppe diese Aufgabe übernimmt. (Deutsches Transkript bei TED)

Ein weiteres gutes Video-Storytelling-Projekt hat die US-NGO Growing up Refugee ins Leben gerufen, deshalb möchte ich an dieser Stelle auf dieses zweieinhalbminütige Video zurückgreifen:

Growing Up Refugee from The Refugee Project on Vimeo.

Wir haben Flüchtlinge aus der ganzen Welt interviewt.

Ich komme aus Afghanistan.

Ich komme aus Bagdad, Irak.

Ich komme aus der Demokratischen Republik Kongo.

Ich komme aus Zentralafrika, aus dem Tschad.

Dies sind ihre Geschichten.

Ich ging die Straße hinunter und sah Menschen – die Rebellen – wie sie Andere direkt vor mir erschossen. Wenn du versucht hättest, etwas zu tun – sie hätten dich erschossen. Wenn du versucht hättest, etwas zu sagen – sie hätten dich erschossen.

Weil meine Familie und ich mit der US-Regierung kooperierten, haben sie versucht, mich umzubringen. Hier haben sie mich getroffen. Sie haben auf mich und meinen Bruder geschossen. Das war der Hauptgrund, das Land zu verlassen.

Ich ging die Straße hinunter, überall lagen Leichen herum, nur mit Tüchern abgedeckt. Und da ist nichts, was du dagegen unternehmen kannst.

Ich habe in diesem Land soviel Diskriminierung erfahren und mir war es nicht erlaubt, etwas zu tun, das ich als Mensch tun wollte.

Du musst deinen eigenen Weg finden, um zu überleben. Du bist dann erwachsen und weißt nicht, was du tun sollst, wohin du gehen sollst.

Sie kamen auf der Flucht nach Amerika.

Wenn ich älter bin, möchte ich Unternehmer werden, speziell im internationalen Handel, weil ich um die Welt reisen und etwas über Kulturen lernen und erfahren möchte, wie die Welt da draußen wirklich ist.

Dass Menschen mich respektieren und mich wie einen echten Menschen ansehen. Und sie sagten mir du kannst das.

Meine Tochter, sie spricht zwei Sprachen. Sie ist drei Jahre alt. Sie spricht Arabisch und Englisch.

Überall auf der Welt sind Menschen Flüchtlinge. Weil ich glaube, dass ich alle verstehe und diese harte Situation, wenn ihre Herzen gebrochen und ihre Augen voller Tränen sind. Ich fühle mit ihnen allen, glaube ich.

Jeder hat eine Geschichte zu erzählen.

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