die lindenstraße für #bringbackourgirls

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Hillary Clinton, Michelle Obama, Malala Yousafzai – sie alle haben sich in den letzten 44 Tagen seit der Entführung von mehr als 200 nigerianischen Mädchen per #BringBackOurGirls zu Wort gemeldet. Ann Coulter, eine US-Ausgabe von Thilo Sarrazin, hat sich ein Eigentor á la Junge Union Berlin geleistet. Marius Müller-Westernhagen posierte zusammen mit Joko, Klaas und Jürgen Vogel mit einem selbst gemalten Schild. Der im selben Kontext entstandene Hashtag #realmendontbuygirls verdient ob seiner Skurrilität einen eigenen Post. Und jetzt eben auch die ARD im Kombinationsangriff Lindenstraße-Tatort-Verbotene-Liebe.

Während der Social-Media-Protest vielerorts die Straßen erreicht hat, versucht sich die ARD nun an einer Twitter-Kampagne. Ohne Twitter. Das Publikum soll Bilder einreichen, auf denen sie mit ihrem eigenen #bringbackourgirls-Schild zu sehen sind. Allerdings per Mail oder auf Facebook.

Nichts, gar nichts, spricht dagegen, Twitter oder Social-Media-Werkzeuge aller Couleur zu nutzen, um ein Bewusstsein für solche Themen zu schaffen und Menschen eine Plattform zu bieten, die wenig bis gar keine Teilhabe an traditionellen Medien haben. Warum aber extrahiert die ARD die Technik aus ihrem Werkzeug und vernachlässigt dabei, dass ihr eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Verfügung steht, um Öffentlichkeit zu schaffen?

Das Ergebnis der ARD-Kampagne ist ein Spot, der an Informationen kein Bisschen mehr sparen könnte:

Mitte April sind über 200 Mädchen in Nigeria entführt worden. Wir zeigen unsere Solidarität mit den Familien der Mädchen.

Eine Suche in der ARD-Mediathek bestätigt dann, was unter #bringbackourgirls auf Twitter häufig bemängelt wird: das dürftige Interesse am Thema. Etwa 2 bis 4 Minuten widmete die ARD den Mädchen in den vergangenen Wochen. Und nun diesen einen 30-sekündigen Clip.

Kein Hinweis auf die zahlreichen Proteste in Nigeria. Kundgebungen in Pretoria, London, Nashville. Die Gesichter hinter dem Hashtag. Jede Menge verschenktes Potential.

Einige Gedanken zur (feministischen) Auseinandersetzung mit dieser selektiven Berichterstattung und Konstruktion, sowie zur Solidarität mit den Mädchen aus Chibok äußert Rafia Zakaria:

The proper response to this unequal engagement, in which local stories are transferred to a global context only when they fit the stereotypes of a majority, need not be silence and inattention. Western feminists whose intentions are truly to join forces with the underrepresented brown and black feminisms of Africa and South Asia must go beyond singling out schoolgirls and look deeper when liberating women is used as a pretext for military intervention. The state failures that allow such atrocities to occur are not solved by a meddlesome superpower’s further eviscerating sovereignty and the rule of law, by droning, by surveillance or by ill-conceived intervention.

There was a time, not very long ago, when Western feminists spoke for all women. In Pakistan and Nigeria, Victorian and Edwardian feminists and more commonly the wives of British colonists consistently portrayed black and brown women as uncivilized and imprisoned others, against whom their own liberation could be posed and the exploitation of those lands justified. Given this history, the emergence of the schoolgirl paradigm — in which one side is so visibly unequal, younger and simpler — as the basis of feminist and activist engagement bears just enough resemblance to the past to require further scrutiny and reconsideration. 

 

Zum Thema:
Using #BringBackOurGirls to #GiveFirstLadiesSomethingToDo [Neelika Jayawardane, Africa is a Country]
#WhyHashtagActivismMatters [Ben Scott, New America]
#BringBackOurGirls and the Pitfalls of Schoolgirl Feminism [Rafia Zakaria, Al Jazeera]
#Bringbackourgirls and the complexity of attention [Zeynep Tufekci, Medium]
The Real Story About the Wrong Photos in #BringBackOurGirls [James Estrin, Lens]

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